Das „beste Steakhaus der Welt“ – El Capricho

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Im Rahmen der Vorbereitung zur Dienstreise #2 in den Norden Spaniens weckte ein Bericht im Time Magazine meine Neugier: Im verschlafenen Örtchen Jiménez de Jamuz soll es José Gordón mit seiner eigenen Ochsen-Herde gelingen, nichts weniger als die besten Steaks der Welt auf die Teller zu zaubern. Mit dem Reifeprozess von Rindfleisch beschäftigt sich José bereits seit 30 Jahren und vor rund 20 Jahren eröffnete er dann sein eigenes Restaurant. Mittlerweile hat diesen auch einen Ableger in dem etwas stärker frequentierten Madrid. Aber Señor Gordón ist nicht einfach nur Fleischliebhaber und Restaurant-Betreiber, er hat mittlerweile eine Obsession für die „Rohstofflieferanten“ seiner Edel-Steaks entwickelt, die von einer fast religiösen Hingabe zeugt: Seine Ochsen kauft er handverlesen bei Züchtern besonders rarer Rassen ein und hegt und pflegt sie anschließend auf der eigenen Wiese. Hier verwöhnt er sie nach allen Regeln der Kunst – unter anderem mit einer besonderen Grasmischung, die durch den Anbau in Höhenlagen mit schmackhaften Bergkräutern angereichert ist. Seine gehörnten und durchaus liebgewonnenen Freunde (siehe Fotogalerie) überleben diese paradiesischen Zustände bis zu 15 Jahre lang. Nicht zuletzt aus wirtschaftlicher Sicht ein äußerst ungewöhnliches Vorgehen. Denn: Tiere, die alt werden, kosten ihre gesamte Lebensdauer auch Geld. So ist José Gordón der krasse Gegenentwurf zur konventionellen Massentierhaltung. Alles nur, um am Tag des jüngsten (Steak-)Gerichts ein möglichst perfektes Fleisch für sein Restaurant gewinnen zu können.

caprichoNachdem uns José kurz begrüßt geht es direkt in seinem Geländewagen in Richtung Weide. Es sei die „Majestät“ dieser Tiere, die ihn so fasziniere, erzählt er uns. Nachdem wir Strommasten, Straßen und die Geräusche der Zivilisation hinter uns gelassen haben, verstehen wir, was er damit meint: In malerischer Landschaft (und heute auch noch bei Vollmond) stehen hier gigantische Ochsen, die bis zu 1,4 Tonnen Gewicht auf die Waage bringen. Dennoch strahlen sie eine Ruhe und Grazie aus, die entzückend wirkt.

Nachdem wir den Zaun überwunden haben und nun inmitten der Herde von rund 80 Ochsen stehen, erklärt uns José die Grundzüge seiner Philosophie: Er hält es für falsch, junge Rinder zu schlachten, wenn es einem wirklich um die Qualität des Fleisches gehe. Die Marmorierung, also das intramuskuläre Fett des Fleisches, müsse sich langsam ausbilden. Dafür braucht es das richtige Futter, Bewegung in naturnaher Umgebung … und vor allem eben Zeit. Daher hält er den Kult um Wagyu und Kobe für überschätzt. Denn auch diese Tiere werden seinem Geschmack nach zu früh geschlachtet. Bei ihm werde kein Tier geschlachtet, das nicht mindestens fünf Jahre alt sei.

Die Reifezeit für seine riesigen T-Bone- oder Porterhouse-Steaks verläuft anschließend ganz unterschiedlich. Auch hier folgt er keinem festgeschriebenem Dogma, sondern richtet sich nach den individuellen Eigenschaften des geschlachteten Ochsen. Denn Alter, Rasse und Gesamtqualität des Fleisches sind maßgebliche Faktoren, die es zu beachten gilt.

So reicht die Trockenreife von 80, 90 Tagen bis zu mehreren Monaten. Diese findet größtenteils in einem Kühlhaus in Leon statt, das das Fleisch von rund 100 Ochsen aufnehmen kann. Aber wir durften auch das kleine Lager besichtigen, das den Vorrat für die Bewirtung im Restaurant vorhält und sich in fußläufiger Entfernung befindet. Der genaue Standort ist natürlich streng geheim.

Den Restaurant-Besuch als solchen möchte ich – wie im Lakaidoskop üblich – in der unten stehenden Fotogalerie vorstellen. Zudem habe ich noch weiter unten zwei kleines Videos integriert.

Bleibt also nur noch die Frage, ob man im „El Capricho“ tatsächlich das beste Steak der Welt erhält: Nun, als „Benchmark“ dient mir das Fleisch des renommierten Steak-Haus „Peter Luger“ in New York (Brooklyn). Es ist ebenfalls herrlich knusprig gegrillt und unwahrscheinlich zart und saftig. Das Ochsenfleisch im El Capricho ist aber definitiv intensiver im Fleischgeschmack. Quasi noch näher am Tier, wenn man es so formulieren kann. So bleibt es letztlich Geschmacksfrage, welches Fleisch mehr überzeugt. Mir persönlich gefällt das Fleisch von Peter Luger mit dem etwas weniger starken Fleischaroma besser.

Doch ist es letztlich das Konzept von José Gordón, das den Unterschied macht. Seine Konsequenz in Bezug auf die hervorragende Tierhaltung und Fleischherstellung sucht seinesgleichen. Und man kann nur gratulieren, dass er damit erfolgreich ist. Denn wirtschaftlich betrachtet stellt seine Vorgehensweise ein völlig waghalsiges Unterfangen dar. Die vielen Jahre auf der Weide jedes einzelnen Ochsen – inklusive des luxuriösen Lebensstandards – müssen sich auch im Preis auf der Speisekarte widerspiegeln. Und diese Preis wollen, ja, müssen bezahlt werden.

Jeden Tag kann sich das kaum jemand leisten. Doch als besonderes Erlebnis im Rahmen eines Spanienaufenthalts kann ich einen Besuch im „El Capricho“ nur wärmstens empfehlen. So verrückt es auch klingt: Die Ochsen werden es Ihnen danken.

José Gordón über gutes Fleisch:

 

Mit José Gordon auf der Weide:

1 KOMMENTAR

  1. Wie wäre eine Kombination der Steaks mit einem passenden „Roten“ als Kaufmöglichkeit hier in Deutschland,
    bzw. über die nächste „Bestellakiton?
    Das wäre doch super.

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