Ein junges Team in Berlin sorgt für tolle Küche und perfekte Weinbegleitung
In unserer Hauptstadt gibt es mittlerweile unzählige Optionen, gut Essen gehen zu können. Neunzehn davon wurden 2017 mit Michelin-Sternen ausgezeichnet. Keine andere, deutsche Großstadt besitzt diese hohe Dichte an Gourmettempeln. Entsprechend schwer ist es mir gefallen, bei meinem letzten Kurzaufenthalt in Berlin eine Auswahl zu treffen. Da für mich aber nicht nur das Kulinarische eine Rolle spielt, sondern natürlich auch das Vinophile, stieß ich schließlich auf eine spannende Option: In dem mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurant „Cinco“ des spanischen Starkochs Paco Pérez ist seit Kurzem mit Simone Schiller eine Sommelière in der Verantwortung, die gerade einmal 24 Jahre alt ist und rund 800 Positionen auf der Karte verantwortet. Auch der Chef de Cuisine ist erst 32 und lenkt die Geschicke in der Küche quasi stellvertretend für den spanischen Mastermind Paco Pérez, der nur selten in Berlin weilt. Keine Empfehlung mehr verpassen: Hier den Weinlakai-Newsletter abonnieren!
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Im aktuellen Guide Michelin erneut mit einem Stern ausgezeichnet: das Cinco in Berlin
Dass die spanische Botschaft direkt neben dem Stue bzw. dem Cinco liegt dürfte bei der Auswahl der kulinarischen Ausrichtung durchaus eine Rolle gespielt haben.
Der Hoteleingang wirkt hochherrschaftlich und in der Tat "botschaftlich".
Augenweide: Die Eingangshalle macht deutlich, welcher architektonischer Anspruch in diesem Haus herrscht.
Das Cinco stellt dann nochmals eine ganze eigene Welt dar. Die zentral aufgehängten Kupferkessel sind das visuelle Markenzeichen des Restaurants.
Head-Sommelier Simone Schiller verfügt mit ihren 24 Jahren bereits über jede Menge Erfahrung. Das beweist sie an diesem Abend eindrucksvoll.
Monty Aguiló Wray ist der Executive-Chef des Cinco und der 32-jährige leitet die Küche ganz im Sinne der kulinarischen Eminenz Paco Pérez.
Die beiden Hauptakteure und ihr professionelles Team bringen eine erfrischende Jugendlichkeit in das Restaurant. Diese Ungezwungenheit spürt man sofort. Für mich genau das Richtige.
Ich ordere das "Experience Menü" mit Weinbegleitung. Mit anderen Worten: das volle Programm.
Es geht los mit einem Cava…
Er präsentiert sich bereits mit schöner Reife, wirkt im Abgang aber frisch und jugendlich. Im Champagner-Stil vinifiziert verbrachte dieser Cava 89 Monate (!) auf der Hefe. Dennoch hat er keine zu ausgeprägte Hefenote, sondern vielmehr eine wunderbare Feinheit mit perfekter Perlage. Lediglich mit etwas zu wenig Säure ausgestattet.
"Mais" und "Wassermelone und Tomate": Der Gruß aus der Küche ist ein feiner Einstieg, der sofort die spanische Grundthematik verdeutlicht. Der knusprige Mais-Chip sorgt für Textur. Das Tomaten-Wassermelonen-Wasser bringt Frische und wird ansprechend in zwei Ebenen präsentiert: oben schaumig, unten klar.
„Thai Melone / Erdbeere / Pinienkerne / Himbeere/ Champignon / Bangkok Garten“: Wie die Bezeichnung bereits vermuten lässt, geht es hier „quer durch den Garten“. Die Thai Melone finde ich etwas zu wässrig. Das Baguette hat eine schöne Textur, wirkt aber auch aromatisch etwas zurückhaltend. Der durch die „Füllstoffe“ etwas überstrahlter Salat ist insgesamt sehr gut. Das Marshmallow mit Olivenöl hat eine gewöhnungsbedürftige Textur und zu wenig Aroma. Der Pinienkern-Chip ist zwar aromatisch gut, aber auch nicht komplex. Pinienkerne eben. Zudem benötigt man anschließend eine Zahnreinigung. Das Sushi verfolgt ein interessantes Konzept, aber das Nori-Blatt überdeckt geschmacklich alle anderen Komponenten. Insbesondere die Gemüseperlen gehen komplett unter.
Ganz ehrlich: Der erste Gang hinterlässt mich skeptisch. Umso mehr freue ich mich über den perfekt gekühlten Albariño. Er stammt von einer Mini-Rebfläche von nur 6 Hektar. Ein Superteil mit wahnsinnig eigenständiger Aromatik.
Er verfügt über eine tolle Komplexität und wirkt an der Nase geradezu parfümiert. Am Gaumen mit einer wohltuenden, für die Gegend typischen Salzigkeit. 10% des Weines verbrachten einige Zeit in gebrauchtem Holz. Dadurch erhält er diese besondere Eigenständigkeit mit toller Tiefe. Ein Highlight!
"Meeresodyssee“: Dieser Gang harmoniert hervorragend zu dem Albariño. Die Thunfisch-Komponenten (Tartar und Bauch) sind klasse. Lediglich die Umsetzung der Avocado ist etwas zu steif geraten. Das Ei mit dem Kaviar hätte nicht sein müssen, da es eine zu große Eigenständigkeit hat. Schmeckt aber gut.
Als nächsten Wein gibt es einen 2013 Grüner Veltliner Smaragd vom Nikolaihof aus der Wachau. Der Demeter zertifizierte Wein wurde nicht geschwefelt und stammt von einer 22 Hektar großen Rebfläche. Es handelt sich in Bezug auf den Lesezeitpunkt quasi um eine Spätlese trocken. An der Nase sehr viel Honig und am Gaumen sehr fein und elegant. Insgesamt eher unaufdringlich, aber wunderbar clean und mit leichter Würze.
"Steinpilz Carpaccio“: Optisch sehr ansprechend. Die sehr aromatischen Steinpilze haben etwas Sand und kleben am Teller fest. Der gedämpfte Shrimp passt aromatisch perfekt und das Bergamotte-Aroma gibt dem Gang einen tollen Twist. Insgesamt sehr gut.
Zu dem Carpaccio passt der Wein sehr gut. Er wirkt in Sachen Aromatik zwar nicht sehr „additiv“, ist aber ein schöner „Palate Cleanser“, der den Gang mit Klarheit und Frische ausstattet. Eine gute Vorgehensweise, da Steinpilze einen Weißwein ohnehin dominieren.
"Hummer“: Hierbei handelt es sich eigentlich um zwei Gerichte in einem. Neben der zentral platzierten Hummer-Komponente befinden sich recht und links „Schweine-Chips“, die durch eine Rauchnote dominiert werden. Sehr interessant. Sehr gut.
Der Táganan stammt von Teneriffa und nur 650 Flaschen wurden von dem Wein produziert. Er wurde in halbvollen Stahltanks gereift, um Oxidation bewusst zuzulassen. Bereits an der Nase riecht der Wein nach Meeresfrüchten und Muschelschale. Er schreit förmlich nach einem Essen aus dem Meer. Daher passt der Hummer supergut. Dabei hilft es, dass der Wein einen sehr guten Körper mit satter Struktur besitzt und im Abgang mit feiner Säure daherkommt.
Der Wein unterstreicht, wie erwartet, insbesondere die Meeresfrucht-Aromatik des Gangs perfekt. Für mich ist das Glas für den Wein als solches zu groß. Simone Schiller erklärt aber, dass sie es gewählt hat, um den Wein nicht zu sehr in den Vordergrund zu stellen. Eine gute Begründung, die absolut Sinn macht.
Dazu kommt der von Winning Riesling U500 ins Glas. Er stammt aus der Lage Ungeheuer und wurde im 500 Liter Fass ausgebaut. Er hat eine super Aromatik und setzt sich gegen den Gang gut durch. Ja, er nimmt geradezu das Heft in die Hand. Funktioniert aber sehr gut, da der Wein den Gang ergänzt und nicht überstrahlt.
"Seezunge“: Der Fisch wurde Sous Vide gegart. So ist er toll auf den Punkt gegart. Das versprochene Trüffelaroma ist kaum spürbar. Für mich hätten dafür die Muscheln nicht sein müssen, da sie sich aromatisch sehr in den Vordergrund spielen. Die Bratapfel-Perlen schmecken nur leicht nach Apfel. Hier hätte ich mir mehr „Kick“ erhofft.
Der 2009 Domaine Horizon von der Coté Catalanes bringt vor allem Kräuternoten an die Nase. Eine sehr schöne Aromatik. Am Gaumen vielleicht etwas zu wenig Säure. Mich erinnert der Wein an den weißen Chateau Musar. Im Abgang lange nachwirkend und mit einer gewissen Bitternote, die aber nicht störend wirkt. Satte Struktur.
"Arroz Meloso de Jamón Ibérico“: Echtes „comfort food“ und authentisch spanisch wirkend. Die Jamón-Noten sind hervorragend. Wie erwartet, kommt der Wein super mit dem Essen zurecht. Er begleitet mit notwendiger Kraft, hält sich aber aromatisch zurück. Im Abgang durch das Essen super clean wirkend. Zudem passt die Bitternote bestens. Perfekt. Bester Gang bisher. Reis perfekt gegart.
"Taube“: Sehr fein, sehr roh. Jedoch ohne den sonst so häufigen, zu intensiven Blut-Geschmack. Insbesondere das linke Stück war perfekt gegart. Besser geht Taube nicht. Der Wein fügt sich ausgezeichnet in das Gesamtbild ein. Er harmoniert in bester Eleganz. Nur wie gesagt: eine ergänzende Aromatik durch den Wein hätte nicht geschadet.
Kaum zu glauben: Der La Poulosa aus dem Bierzo ist der erste Rotwein des Abends. An genau der richtigen Stelle. Von nur 2 Hektar Rebfläche stammt dieser 100%ige Mencía von Kultwinzer Raúl Pérez. Die 12 Monate, die der Wein im Fass war, merkt man ihm nicht an. Er hat eine tolle, kirschfruchtige Aromatik mit noch jugendlichen Tanninen am Gaumen, die aber gut durch die Säure abgefedert werden. Wer mich kennt weiß, dass ich ein absoluter Mencía-Fan bin. Zu diesem Gang hätte ich mir aber noch mehr Fruchtexplosion gewünscht.
Das Dessert ist angerichtet: Die 1999er Riesling Auslese von Hans Lang im Rheingau ist beeindruckend. Er verfügt über keinerlei Alterungsnote. Stattdessen überzeugt er mit einer super Frische und einer guten Süße, die niemals überladen wirkt. Es ist der letzte Wein des Abends und Simone Schiller hat mit ihrem Gespür für Weine und deren Kombination mit Essen auf voller Linie überzeugt. Chapeau!
"Coco Coco Coco“: Dessert ist nicht unbedingt mein Steckenpferd, aber das hier ist zum Niederknien: Kokosnuss in verschiedensten Texturen und extrem ansprechend präsentiert. Dieses Dessert hätte schnell zu süß werden können, behält aber immer eine angenehme Frische. Perfekt gemacht mit toller Ergänzung durch eine darunter liegende Karamell Schicht. Der Wein passt hervorragend und setzt perfekt bei der Verbindung zwischen Kokos und Karamell an. Super!
"Schokolade & Kaffee“: Auch dieses Dessert wirkt nur wenig süß. Sehr lecker, aber das Konstrukt auf der linken Seite macht für mich aromatisch zu wenig Sinn und hat einen störenden Aroma-Ton. Interessanterweise kann sich der Wein auch hier durchsetzen und erhält keine saure Note durch den Zucker. Häufig funktioniert Schokolade nicht mit einem restsüßen Weißen.
"Kleinigkeiten“: Dann nochmal ein Highlight. Von der gereichten Passionsfrucht-Praliné könnte ich noch zehn mehr essen. Tolle Komponenten: Crispy, Säure. Schokolade. Wow. Tolle Gesamtkomposition. Kein Wunder, dass die Servicekraft wahnsinnig begeistert davon ist. Auch ich liebe Passionsfrucht. Der gelungene Abschluss eines insgesamt tollen Abends.
Das Restaurant. Die Crew.
Das Restaurant „Cinco“ ist im Fünfsterne-Hotel „Das Stue“, direkt am Tiergarten grenzend, beheimatet. Die ehemalige dänische Botschaft ist eine architektonische Augenweide – sowohl die Steinfassade aus den 1930er Jahren ist imposant als auch das sensationell modernisierte Interieur.
„Stue“ ist somit ein dänisches Wort und heißt so viel wie „gute Stube“. Ein Versprechen, dass das Haus einhält – auch wenn ich hier nicht übernachtet habe, fühle ich mich sehr willkommen.
Das „Cinco“ selbst ist ebenfalls äußerst ansprechend gestaltet und überrascht vor allem durch die 86 Kupferkessel, die zentral an der Decke des Gastraumes hängen. Durch eine geschickte Beleuchtung entsteht eine ganz besondere Atmosphäre.
Ich habe hier für den Abend einen Tisch reserviert, treffe mich aber zunächst mittags mit Simone Schiller. Die 24-jährige ist die Sommelière des Cinco und da sie diesem Beruf erst seit zwei Jahren nachgeht, kann man sie sicher als „Schnellaufsteigerin“ bezeichnen. Nach Stationen im Bayrischen Wald und in Österreich war Simone Schiller zunächst Head-Sommelier im Hotel am Steinplatz. Hier verantwortete sie ausschließlich deutsche Weine. So musste sie sich im Cinco zunächst an die Weine herantasten. Auch wenn die Weinkarte nicht nur spanische Weine parat hält, bilden diese natürlich den Schwerpunkt. So galt es, sich dieser Region ganz neu zu widmen. Eine spannende Aufgabe!
Mit Monty Aguiló Wray treffe ich anschließend auch den Executive Chef des Cinco. Monty stammt aus Barcelona und hat eine australische Mutter, so dass ich nicht auf meine aus drei Wörtern bestehende Spanischkenntnisse zurückgreifen muss. Zunächst hatte Monty Aguiló Wray Wirtschaft studiert, realisierte aber recht schnell, dass er nicht in einer Bank „enden“ möchte. So entschloss er sich mit 21 eine Kursänderung vorzunehmen und absolvierte eine Ausbildung zum Koch.
Als lebensverändernde Erfahrung beschreibt er seine Zeit im Mugaritz in San Sebastian. Das auf Platz 7 der aktuellen Liste der „The World’s 50 Best Restaurants“ rangierende Restaurant war seine persönliche „Militärzeit“, die er aber rückblickend als fantastisch bezeichnet.
Nach Berlin war er gekommen, um dort zunächst im „Dos Palillos“ asiatisch inspirierte Fusion-Küche, unter „El Bulli-Veteran“ Albert Raurich, zu präsentieren. Nachdem er dort die Küchenleitung innehatte, fand er mit Paco Pérez einen weiteren Koch aus dem El-Bulli-Clan, der ihm schließlich die Chance im neu eröffneten Cinco gab.
Die Rezepte und Techniken werden zwar von Paco Pérez streng vorgegeben, doch ist der Verantwortungsbereich von Monty deutlich größer als „nur“ das Restaurant: Auch das Frühstück des Hotels und sämtliche Catering-Engagements werden von ihm betreut. So ist es für ihn nicht weiter schlimm, dass er die Ausrichtung der Küche nicht selbst in der Hand hat.
Meine Erfahrung im Restaurant
Auch wenn ich in der Fotogalerie ausführlich auf die einzelnen Gänge eingehe, möchte ich an dieser Stelle noch einige weitere Eindrücke meines Besuchs zum Abendessen im Cinco schildern.
Ich empfinde den Service als sehr sympathisch. Er wirkt professionell, dabei aber wohltuend menschlich. Ich fühle mich umsorgt, aber nicht beobachtet oder zu sehr „betüddelt“. Auch macht Simone Schiller deutlich, wie man die Sommelier-Position optimal ausfüllt: Sie betrachtet sich als einen Teil des Service-Personals und hilft auch bei anderen Aufgaben mit, sofern sie sich nicht um Wein kümmern muss.
Bei meiner kurzen Stippvisite in der Küche fiel mir die ruhige Art der gesamten Crew auf. Es handelt sich um eine sehr internationale Mannschaft. Die „Amtssprache“ ist Englisch.
Die Weine werden in mundgeblasenen Gläsern von Zalto serviert. In Bezug auf den Aufwand in Sachen Spülen, Trocknen und Polieren eine ziemliche „Harakiri-Entscheidung“ für einen Gastronomie-Betrieb. Aus meiner Sicht aber eine sehr lohnende. Die Weine präsentieren sich aus solchen Gläsern einfach besser.
Neben dem beeindruckenden Essen und der mehr als gelungenen Weinbegleitung, sind es aber häufig die kleinen Dinge, die mich vollends von einem Restaurant überzeugen.
Zwei Beispiele: Auch bei mir spielt das Smartphone (leider) eine immer wichtiger werdende Rolle. Dumm nur, wenn man den Ladestand nicht unter Kontrolle hat und der Akku droht in die Knie zu gehen. Kein Problem im Cinco! Als ich, peinlich berührt, dem Service von meinem Problem berichtete, wurde mir sehr diskret mit einem Ladekabel und einem kleinen Beistelltischchen geholfen.
Das zweite Beispiel dreht sich um eine vergleichbare Fehlleistung meinerseits: Wahrscheinlich war ich vom Anblick des köstlichen Desserts, Coco Coco Coco, so entzückt, dass ich es direkt essen „musste“ – ohne vorher das obligatorische Foto zu machen. Diesen Fauxpas erwähnte ich nur nebenbei als Geständnis meiner Unzulänglichkeit. Dennoch wurde mir völlig selbstverständlich eine weitere Portion serviert. So kam ich dann doch noch zu dem Foto… und natürlich einer weiteren Portion dieses Traum-Desserts.
Abschließend lässt sich über das Cinco resümieren: Der Gast fühlt sich hier wirklich umsorgt und das Service-Personal strahlt echte Leidenschaft aus. Das Personal steht hinter dem hier Servierten und jedem einzelnen macht es Spaß, sich darüber mit den Gästen auszutauschen. Klar, man ist hier immer noch in einer sehr gediegenen Sterne-Gastronomie, doch alles wirkt trotzdem nah, menschlich und herzlich.
Simone Schiller überzeugte mich durchweg mit ihrer Weinauswahl. Insbesondere die Tatsache, dass nur ein Rotwein serviert wurde, war eine überraschende, aber völlig richtige Entscheidung. Dennoch erfordert es ein wenig Mut, denn viele Weintrinker haben sicher eine andere Erwartungshaltung. Um so mehr ist es wichtig, dass das Konzept aufgeht.
Mit anderen Worten: Wenn Sie nach Berlin kommen, nutzen Sie die Gelegenheit für einen Besuch im Cinco. Vielleicht sogar mit einer Übernachtung im tollen Hotel Stue?
Drei Rotweine und ein Weißwein: von 6,95 Euro bis 96 Parker-Punkten
Es war wirklich eine außergewöhnlich schöne Woche, die wir im Roussillon und Languedoc verbringen...
Zu Gast im Restaurant CINCO
Ein junges Team in Berlin sorgt für tolle Küche und perfekte Weinbegleitung
In unserer Hauptstadt gibt es mittlerweile unzählige Optionen, gut Essen gehen zu können. Neunzehn davon wurden 2017 mit Michelin-Sternen ausgezeichnet. Keine andere, deutsche Großstadt besitzt diese hohe Dichte an Gourmettempeln. Entsprechend schwer ist es mir gefallen, bei meinem letzten Kurzaufenthalt in Berlin eine Auswahl zu treffen. Da für mich aber nicht nur das Kulinarische eine Rolle spielt, sondern natürlich auch das Vinophile, stieß ich schließlich auf eine spannende Option: In dem mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurant „Cinco“ des spanischen Starkochs Paco Pérez ist seit Kurzem mit Simone Schiller eine Sommelière in der Verantwortung, die gerade einmal 24 Jahre alt ist und rund 800 Positionen auf der Karte verantwortet. Auch der Chef de Cuisine ist erst 32 und lenkt die Geschicke in der Küche quasi stellvertretend für den spanischen Mastermind Paco Pérez, der nur selten in Berlin weilt.
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Das Restaurant. Die Crew.
Das Restaurant „Cinco“ ist im Fünfsterne-Hotel „Das Stue“, direkt am Tiergarten grenzend, beheimatet. Die ehemalige dänische Botschaft ist eine architektonische Augenweide – sowohl die Steinfassade aus den 1930er Jahren ist imposant als auch das sensationell modernisierte Interieur.
„Stue“ ist somit ein dänisches Wort und heißt so viel wie „gute Stube“. Ein Versprechen, dass das Haus einhält – auch wenn ich hier nicht übernachtet habe, fühle ich mich sehr willkommen.
Das „Cinco“ selbst ist ebenfalls äußerst ansprechend gestaltet und überrascht vor allem durch die 86 Kupferkessel, die zentral an der Decke des Gastraumes hängen. Durch eine geschickte Beleuchtung entsteht eine ganz besondere Atmosphäre.
Ich habe hier für den Abend einen Tisch reserviert, treffe mich aber zunächst mittags mit Simone Schiller. Die 24-jährige ist die Sommelière des Cinco und da sie diesem Beruf erst seit zwei Jahren nachgeht, kann man sie sicher als „Schnellaufsteigerin“ bezeichnen. Nach Stationen im Bayrischen Wald und in Österreich war Simone Schiller zunächst Head-Sommelier im Hotel am Steinplatz. Hier verantwortete sie ausschließlich deutsche Weine. So musste sie sich im Cinco zunächst an die Weine herantasten. Auch wenn die Weinkarte nicht nur spanische Weine parat hält, bilden diese natürlich den Schwerpunkt. So galt es, sich dieser Region ganz neu zu widmen. Eine spannende Aufgabe!
Mit Monty Aguiló Wray treffe ich anschließend auch den Executive Chef des Cinco. Monty stammt aus Barcelona und hat eine australische Mutter, so dass ich nicht auf meine aus drei Wörtern bestehende Spanischkenntnisse zurückgreifen muss. Zunächst hatte Monty Aguiló Wray Wirtschaft studiert, realisierte aber recht schnell, dass er nicht in einer Bank „enden“ möchte. So entschloss er sich mit 21 eine Kursänderung vorzunehmen und absolvierte eine Ausbildung zum Koch.
Als lebensverändernde Erfahrung beschreibt er seine Zeit im Mugaritz in San Sebastian. Das auf Platz 7 der aktuellen Liste der „The World’s 50 Best Restaurants“ rangierende Restaurant war seine persönliche „Militärzeit“, die er aber rückblickend als fantastisch bezeichnet.
Nach Berlin war er gekommen, um dort zunächst im „Dos Palillos“ asiatisch inspirierte Fusion-Küche, unter „El Bulli-Veteran“ Albert Raurich, zu präsentieren. Nachdem er dort die Küchenleitung innehatte, fand er mit Paco Pérez einen weiteren Koch aus dem El-Bulli-Clan, der ihm schließlich die Chance im neu eröffneten Cinco gab.
Die Rezepte und Techniken werden zwar von Paco Pérez streng vorgegeben, doch ist der Verantwortungsbereich von Monty deutlich größer als „nur“ das Restaurant: Auch das Frühstück des Hotels und sämtliche Catering-Engagements werden von ihm betreut. So ist es für ihn nicht weiter schlimm, dass er die Ausrichtung der Küche nicht selbst in der Hand hat.
Meine Erfahrung im Restaurant
Auch wenn ich in der Fotogalerie ausführlich auf die einzelnen Gänge eingehe, möchte ich an dieser Stelle noch einige weitere Eindrücke meines Besuchs zum Abendessen im Cinco schildern.
Ich empfinde den Service als sehr sympathisch. Er wirkt professionell, dabei aber wohltuend menschlich. Ich fühle mich umsorgt, aber nicht beobachtet oder zu sehr „betüddelt“. Auch macht Simone Schiller deutlich, wie man die Sommelier-Position optimal ausfüllt: Sie betrachtet sich als einen Teil des Service-Personals und hilft auch bei anderen Aufgaben mit, sofern sie sich nicht um Wein kümmern muss.
Bei meiner kurzen Stippvisite in der Küche fiel mir die ruhige Art der gesamten Crew auf. Es handelt sich um eine sehr internationale Mannschaft. Die „Amtssprache“ ist Englisch.
Die Weine werden in mundgeblasenen Gläsern von Zalto serviert. In Bezug auf den Aufwand in Sachen Spülen, Trocknen und Polieren eine ziemliche „Harakiri-Entscheidung“ für einen Gastronomie-Betrieb. Aus meiner Sicht aber eine sehr lohnende. Die Weine präsentieren sich aus solchen Gläsern einfach besser.
Neben dem beeindruckenden Essen und der mehr als gelungenen Weinbegleitung, sind es aber häufig die kleinen Dinge, die mich vollends von einem Restaurant überzeugen.
Zwei Beispiele: Auch bei mir spielt das Smartphone (leider) eine immer wichtiger werdende Rolle. Dumm nur, wenn man den Ladestand nicht unter Kontrolle hat und der Akku droht in die Knie zu gehen. Kein Problem im Cinco! Als ich, peinlich berührt, dem Service von meinem Problem berichtete, wurde mir sehr diskret mit einem Ladekabel und einem kleinen Beistelltischchen geholfen.
Das zweite Beispiel dreht sich um eine vergleichbare Fehlleistung meinerseits: Wahrscheinlich war ich vom Anblick des köstlichen Desserts, Coco Coco Coco, so entzückt, dass ich es direkt essen „musste“ – ohne vorher das obligatorische Foto zu machen. Diesen Fauxpas erwähnte ich nur nebenbei als Geständnis meiner Unzulänglichkeit. Dennoch wurde mir völlig selbstverständlich eine weitere Portion serviert. So kam ich dann doch noch zu dem Foto… und natürlich einer weiteren Portion dieses Traum-Desserts.
Abschließend lässt sich über das Cinco resümieren: Der Gast fühlt sich hier wirklich umsorgt und das Service-Personal strahlt echte Leidenschaft aus. Das Personal steht hinter dem hier Servierten und jedem einzelnen macht es Spaß, sich darüber mit den Gästen auszutauschen. Klar, man ist hier immer noch in einer sehr gediegenen Sterne-Gastronomie, doch alles wirkt trotzdem nah, menschlich und herzlich.
Simone Schiller überzeugte mich durchweg mit ihrer Weinauswahl. Insbesondere die Tatsache, dass nur ein Rotwein serviert wurde, war eine überraschende, aber völlig richtige Entscheidung. Dennoch erfordert es ein wenig Mut, denn viele Weintrinker haben sicher eine andere Erwartungshaltung. Um so mehr ist es wichtig, dass das Konzept aufgeht.
Mit anderen Worten: Wenn Sie nach Berlin kommen, nutzen Sie die Gelegenheit für einen Besuch im Cinco. Vielleicht sogar mit einer Übernachtung im tollen Hotel Stue?
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