Douro: Das weinreiche Vermächtnis der Dona Ferreira

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Zu Wasser und Erde bis ins Douro Superior

Einmal wechseln wir noch auf die rechte Flussseite, um den dritten Douro Boy zu besuchen. Anschließend schleichen wir uns am anderen Ufer hinauf bis in die Subregion Douro Superior, wo wir nochmals auf Dona Antónia Adelaide Ferreira treffen. Von dort aus ist die spanische Grenze nicht mehr fern, und der dann Duero genannte Fluss wartet mit weiteren Weinanbaugebieten auf. Leider jenseits dieser Dienstreise.

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Quinta do Crasto: mit Liebe zum Detail in die erste Liga
Wir haben den Fotoapparat dabei, das ist gut. Eine griffbereite Badehose wäre noch besser gewesen. Wir stehen mit einem Glas selbst gemachter Limonade in der Hand auf der Terrasse der Quinta do Crasto. Vor uns liegt ein spiegelglatter Pool, dessen Ende direkt in das Tal des Douro überzugehen scheint: Als könne man von hier aus durch die Luft auf die Weinberge der gegenüberliegenden Seite schwimmen. In diesem Architektur-Magazin-Ambiente verkosten wir später die ersten Weine, aber zunächst geht es mit Tomás Roquette, einem der Besitzer der Quinta do Crasto, auf eine Tour durch Weingärten und Keller.

Die Weinberge der Quinta liegen zwischen 90 und 450 Metern hoch über dem Fluss. Insgesamt bewirtschaftet die Familie von Tomás Roquette 250 Hektar, wovon 80 Hektar in der Umgebung der Quinta liegen. Darunter sind einige Schätzchen wie die Parzelle mit den 120 Jahre alten Trauben. Auch gibt es den traditionellen gemischten Satz – mit einmaligem Flussblick – , von dessen außergewöhnlicher Qualität Tomás Roquette begeistert berichtet. Man hätte sogar die in dem Weingarten vertretenen Rebsorten an anderer Stelle nachgepflanzt, um tote Reben sortengetreu ersetzen zu können.

DSC05689Soviel Liebe zum Detail sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Quinta do Crasto mit einer Jahresproduktion von etwa 1,3 Millionen Flaschen klar in der ersten Liga am Douro spielt. Dabei entstehen hier erst seit 1994 Rotweine, da war die Quinta do Crasto bereits 100 Jahre in Familienbesitz. Aber so erzählt sich halt die Geschichte von der Weinrenaissance am Douro – immer wieder.

Die Range der Quinta umfasst aktuell drei Weißweine, neun Rotweine und vier Portweine: einer der Weißweine steht später auf der Shortlist. Auf dem Weg zurück zum Pool zeigt uns Douro Boy Tomás im Garten noch einen „marco pombalino“, einen der Grenzsteine zur Markierung der Appellation, wie wir ihn bereits nahe der Quinta de Santa Eufémia gesehen haben. Ob der Grenzstein weiß, wie sehr sein Kalkül aufgegangen ist?

Quinta do Crasto – Die Weine
Auch hier trinken wir uns durch das gesamte Sortiment der Quinta und verkosten sogar einen Colheita Port von 1997. Ein wirklich guter Stoff, der ähnlich überzeugend wirkt, wie auch die anderen Rotweine von Crasto. Doch überraschenderweise finden wir in Bezug auf das Preis-/Genussverhältnis insbesondere den weißen 2015er Flor de Crasto besonders überzeugend. Er wirkt unwahrscheinlich frisch und verführt durch eine sehr eigenständige Aromatik. Und das alles für deutlich unter 10 Euro. Ein super Sommerwein, der auf der Shortlist landet!
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Quinta do Vale Dona Maria: deutlich mehr als eine Fußnote
Noch werden die Lagares nicht gebraucht, noch stampfen keine Menschen, mit wechselseitig über den Schultern verschränkten Armen über die Trauben. Das Gefühl ist dennoch sehr lebendig, als wir uns mit Cristiano van Zeller und der Önologin Joana Pinhão in einem der Granitbecken zur Verkostung an einen Tisch setzen. Die Quinta do Vale Dona Maria startet erst 1996 und es dauert weitere fünf Jahre, bis der erste eigene Jahrgang aus dem Keller kommt – auch Dank großer Unterstützung durch den Douro Boy-Bruder Dirk Niepoort, wie Cristiano van Zeller betont.

DSC05830Van Zeller ist mit Abstand der talentierteste Geschichtenerzähler unter den Douro Boys. Noch bevor wir uns auf den Genuss seiner Weine einlassen, kommen wir in den Genuss seiner kurzweiligen Ausführungen. Am besten gefällt uns die Geschichte von seiner Präsentation für kanadische Weinjournalisten, in die er verschiedene Fotos nackter Füße einsetzte, um anhand dieser Bilder über die besonderen Anforderungen jener Füsse zu dozieren, die in einem Lagar zum Einsatz kämen. Er brach die pittoreske Vorführung allerdings ab, als er bemerkte, dass die Kollegen ganz eifrig mitschrieben.

Dabei ist die Mazeration der Trauben im Lagar für die Rot- und Portweine der Quinta nach wie vor Pflicht. Allein so vergnüglich, wie man sich das Treten in den Becken vorstellt, ist es nur für kurze Zeit. Das sei harte Arbeit, die ordentlich Muskelkater und für Tage eingefärbte Beine bedeute. Auf der Quinta do Vale Dona Maria arbeitet man „organisch“, ohne sich jedoch um eine Zertifizierung zu bemühen. Der gemischte Satz zählt zur Philosophie des Hauses und so werden auch in neuen Weingärten die Rebsorten wieder gemischt gesetzt. Eine Philosophie, die uns im Glas spürbar empfängt und dafür sorgt, dass wir den 2015er Rufo Vale D. Maria Douro Tinto mit auf die Shortlist nehmen.

Quinta do Vale Dona Maria – Die Weine
Bei Vale Dona Maria setzt man bei den Rot- und Portweinen noch traditionell auf das Fußstampfen in den Lagares aus Beton. Ein Großteil der Trauben wird zugekauft, denn die eigenen Rebflächen sind nicht groß genug, um der Nachfrage entsprechend zu begegnen. Macht nichts, denn die Quinta hat volle Kontrolle darüber, wie auf den „Fremdflächen“ der Wein bewirtschaftet wird. Und so überzeugt das gesamte Portfolio mit einem hohen Qualitätsniveau. Die aufgerufenen Preise sind hingegen vergleichsweise moderat. Ein besonders gutes Gesamtpaket hat für uns der 2013er Rufo Tinto. Auch wenn er von vergleichsweise jungen Reben stammt (12 Jahre), überzeugt er durch seine warme Fruchtstilistik und gut integrierte Tannine. Der Wein ist jetzt bereits gut gereift, lässt sich aber noch locker ein paar Jährchen liegen lassen. Eine schöne Bereicherung unserer Shortlist.
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Quinta de São José: voll auf der Höhe
Rund 100 Flusskilometer durchziehen die DOC Douro und mit der nächsten Station haben wir gerade Mal die Hälfte dieser Strecke geschafft. Unseren Weg zur Quinta de São José legen wir auf dem Fluss zurück. João Brito e Cunha hat dafür gesorgt, dass das Linienboot außerplanmäßig hält und uns an seinem Bootssteg zu Füßen der Weinberge aussteigen lässt. Die nächste halbe Stunde schlängeln wir uns mit einem klapprigen Geländewagen durch die verschiedenen Parzellen bis hinauf zur Kellerei auf über 500 Metern.

Der Boden ist von vertikalem Schiefer durchsetzt, was sich jedoch in den Weinen der rund 40 Plots der Quinta ganz unterschiedlich ausdrückt. Und natürlich finden die Reben in Flussnähe ein völlig anderes Mikroklima vor als die Weingärten weit oben am Hang. João Brito e Cunha ist kein Douro Boy, aber auch seine Familie stammt von der legendären Dona Antónia Adelaide Ferreira ab. Der studierte Önologe arbeitet zunächst als Berater in Australien, in der Champagne und letztlich am Douro, bevor er den großen Schritt mit der eigenen kleinen Quinta macht. Rund zwölf Hektar nennt João Brito e Cunha sein Eigen, weitere fünf Hektar mit weißen Rebsorten hat er hinzugepachtet.

DSC06003In der Quinta treffen wir seine Frau Sofia. Während wir mit João Brito e Cunha die neue, in den Hang gebaute Kellerei kennenlernen, bereitet sie für uns den besten Bacalao vor, den wir während der gesamten Dienstreise zu kosten bekommen. Mehr als die anderen Winzer, die wir am Douro getroffen haben, setzt man auf der Quinta de São José auf unterschiedliche Fassgrößen, um den Weinen gerecht zu werden. Oft beginnt der Ausbau im 225-Liter-Fass, um im größeren 300 Liter- oder 400-Liter-Fass seinen behutsameren Abschluss zu finden.

Bei der Verkostung kommen wir diesem Stil endlich schmeckend näher. Von den zwei Weißen, vier Roten und dem Portwein, den wir zum Essen probieren, setzen sich selbstbewusst gleich zwei Weine auf die Shortlist: der weiße Flor de S. José, 2015, sowie der rote 2013er Quinta de S. José.


Quinta de São José – Die Weine
Erwartungsgemäß zeigt sich der schiefergeprägte Boden auch in den Weinen. Der weiße 2015er Flor de S. José Branco zeigt diese Stilistik am ausgeprägtesten und wie eine Art portugiesischer Riesling daher. Er gefällt uns sehr gut und er muss mit. Aber auch die Roten sind durch den besonderen Boden beeinflusst und sie weisen dadurch einen schöne Klarheit und Frische auf. Dadurch wirken die meisten Weine nicht fett oder zu sehr durch die klimatischen Bedingungen beeinflusst, sondern eher floral und elegant. Besonders gut macht das der rote Bruder des bereits ausgewählten Weißen und so landet auch der 2013er Flor de S. José Tinto in unserer Auswahl.

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Quinta do Vale Meão: Endstation (Wein)Sehnsucht
Wir sind in der Subregion Douro Superior angelangt und haben die letzte Station der Dienstreise vor uns. Es ist der Besuch beim noch fehlenden fünften der Douro Boys und eine weitere Begegnung mit der Dynastie der Dona Antónia Adelaide Ferreira: Ihr Name prangt in großen Lettern über der Einfahrt zur Quinta do Vale Meão. Im abgelegensten Landstrich des Douro erwirbt sie 1877 von der Gemeinde Vila Nova de Foz Côa rund 300 Hektar Land in der großen Douro-Schlaufe. Der Besitz wandert durch die Familie, verteilt sich auf viele Erben, bis 1904 der Vater des heutigen Seniors seine Cousins auszahlt, und die Familie Olazabal zum alleinigen Besitzer der Quinta do Vale Meão macht.

DSC05822Vielleicht weil man weit weg vom großen Porto ist, beginnt man auf der Quinta bereits Anfang des 20. Jahrhunderts Flaschenweine zu produzieren. Untypisch auch, dass von Beginn an auf reinrebsortige Weingärten gesetzt wird. Auf der Quinta do Vale Meão sucht man vergeblich nach einem Field Blend im Sortiment, trifft aber die typischen Rebsorten wie Touriga Nacional, Touriga Franca, Tinta Barroca, Sousão, Tinta Roriz  …. um nur einige rote Beispiele zu nennen. In den vergangen Jahren, so erläutern, Francisco (Xito) de Olazabal und seine Schwester Luisa, habe man viel in die neue Kellerei investiert, um noch einmal an der Qualitätsschraube zu drehen.

Nach der Fahrt durch die Weinberge und durch die außerordentliche Hitze tut es gut, sich in die Kellerei zu flüchten. Immerhin gehen die letzten Höhenmeter nach unten, die wir am Douro zurücklegen. Etwas wehmütig folgen wir Luisa und Francisco zur abschließenden Verkostung auf die Terrasse. Aber als wollte uns das Dienstreise-Schicksal ob des nahen Endes trösten, überzeugen die Weine der Quinta do Vale Meão so sehr, dass gleich zwei von ihnen es auf unsere Shortlist schaffen.


Quinta do Vale Meão – Die Weine
Unser letzte Stopp kann nochmals mit ein paar Überraschungen aufwarten. Die Weinlinie mit dem Namen Monte Meão lässt einige Weine reinsortig daherkommen. Sowohl einen Tinta Roriz (Tempranillo) als auch einen puren Touriga Nacional probieren wir. Die sind wirklich spannend, da sie die Rebsorte eindrucksvoll in Verbindung mit dem Terroir zum Ausdruck bringt. Besonders beeindruckt uns jedoch der 2013er Monte Meão Baga. Diese Rebsorte ist selbst für Portugal als sehr rar zu bezeichnen und kaum noch eine Quinta produziert Wein daraus. Der eigenständige Stil, der fein wie ein Pinot Noir wirkt und in Sachen Frucht in Richtung eines Grenache geht, stellt ein echtes Highlight dar. Trotz des Preises nördlich der 20 Euro müssen wir ihn einfach nominieren. Günstiger, aber nicht deutlich weniger gut, kommt der 2014er Meandro do Vale Meão daher. Er ist wieder etwas klassischer in seiner Ausprägung, gibt aber mit seinen sechs verschiedenen Rebsorten eine hervorragende Visitenkarte für die Gegend ab.

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Castor adieu, Pollux adieu
Die Dramaturgie der Tourenplanung hätte nicht besser sein können. Die Quinta do Vale Meão  mit ihren ordentlichen Rebreihen wirkt wie eine Insel in der wild, schönen Landschaft. Ein letztes Postkartenmotiv für das Erinnerungsarchiv.

Auf dem Weg zurück nach Porto lassen wir noch einmal die Parade der Menschen, Weine und Weingüter vorüberziehen, die diese Dienstreise ausmachen. Und eines steht bereits vor der Blindverkostung fest: Mit beiden, mit Castor und Pollux, mit dem Alentejo und dem Douro haben wir eine ewige Weinbrüderschaft geschlossen.

 

Der Streckenverlauf des heutigen Tages:

1 KOMMENTAR

  1. Der Bericht liest sich toll. Wir haben von den hier genannten Quintas nur Quinta do Crasto besucht. Sie ist wirklich wunderbar gelegen, etwas abseits, aber mit einem besonders tollen Blick über das Douro-Tal in beide Richtungen des Flusses. Neben tollen Portweinen machen die Roquettes inzwischen auch sehr, sehr gute Rotweine und auch das Olivenöl ist ein Geheimtipp. Auf jeden Fall lohnt sich ein Besuch dieser Quinta – nach Voranmeldung.

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