Tag 4: Mit Monsieur Mistral rastlos im Rasteau

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Oder wie die Graue Eminenz immer meint: Keep calm and carry on!

Knapp 600 Kilometer haben wir nun auf unserer Dienstreise durch die Appellationen an der südlichen Rhône zurückgelegt. Die Weingüter, die wir heute besuchen, führen uns in die Anbaugebiete Cairanne, Massif d’Uchaux, Plan de Dieu und Rasteau. Kurzum: Es geht erneut in Richtung Norden mit einem wunderbaren Blick auf den Mont Ventoux und die Dentelles de Montmirail.

Massive Bescheidenheit: die Domaine Roucas Blanc

Den ersten Stop machen wir in der Domaine Roucas Blanc in Uchaux, wo uns mit Damien Clément nicht nur der Sohn des Hauses, sondern auch der entscheidende Mann für die Weinberge und den Keller empfängt. Damien Clément, gerade mal 29 Jahre alt, nimmt uns mit seiner zurückhaltenden und bescheidenden Art sofort für sich ein. Um so mehr als das Gespräch über seine Weine eben keine Verkaufsgespräch ist, sondern eine anregende Diskussion über das Entdecken und Ausloten der Potentiale, die in den Weingärten der Familie in den Appellationen Côte du Rhône (46 Hektar) und Massif d’Uchaux (14 Hektar) stecken.

Vor zwölf Jahren sagte sich Damiens Vater Remy von der Kooperative in Uchaux los. Inzwischen produziert die Domain Roucas Blanc rund 35.000 Flaschen und 10. 000 Bag-in-Box. Stolz ist man insbesondere auf die alten Grenache Rebbestände und die sehr unterschiedlichen Böden der Weingärten, was sich in den Cuvées deutlich niederschlägt.

Gleich zwei Kandidaten für unsere Vorauswahl nehmen wir von Roucas Blanc mit und lassen Damien Clément auf seinem weißen Felsen, so die Übersetzung des provenzalischen Roucas Blanc, mit der Gewissheit zurück, dass er sofort wieder zurück in die Weinberge geht, um den nächsten Jahrgang noch besser zu machen als den aktuellen.

Domaine des Banquettes und das bittere Los des Vin Doux

Nur wenige Kilometer sind es von Uchaux bis nach Cairanne, wo wir uns mit Patrice André von der Domaine des Banquettes und seinem önologischen Beistand Nicolas Lhotellier (wird wirklich so geschrieben!) treffen. Gemeinsam mit seiner Frau Christelle, die gleichfalls aus der Umgebung von Cairanne stammt, hat Patrice André bereist 2001 den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. In den beiden Folgejahren errichtete er den Keller der Domaine, so dass man 2003 den ersten eigenen Jahrgang vorstellen konnte.

Die Rebstöcke verteilen sich auf mehrere Parzellen in den Apellationen Côtes du Rhône, Rasteau und Côtes du Rhône Villages Plan de Dieu. Gemeinsam mit Patrice André und Nicolas Lhotellier fahren wir zu den Weingärten in Rasteau, wo sich der sorgsame Arbeitsstil von André zeigt, der uns mitunter ein wenig die Romantik vermissen lässt, die wir nach wie vor mir dieser Appellation verbinden.

Immerhin 50.000 Flaschen jährlich produziert die Familie mit ihren 30 Hektar, die sich auf 65 Prozent Rotweine, 25 Prozent Weißweine und 10 Prozent Rosé verteilen. Besonders gefallen hat uns der Vin Doux Naturel der Domaine, den wir aber leider zurücklassen müssen, da wir Spezialitäten wie Süßweine oder gestern schon den Muscat aus unserer Vorauswahl ausgeschlossen haben. Noch einmal haben wir beim Mittagessen im „Coteaux et Forchettes“ die Gelegenheit, einen Côtes du Rhône der Domaine im Zusammenspiel mit Fleisch zu erleben. Ein weiterer Grund, sich an dieser Stelle noch eimal für das gemeinsame Essen zu bedanken.

Endlich auch eine Madame Mourvèdre: Domaine de la Gayere

Es ist nicht weit bis zu unserer nächsten Station, wo wir mit Christèle Plantevin – wunderbarer Name – von der Domaine de la Gayere verabredet sind. Die Besitzerin der Domaine stammt aus einer alteingesessenen Familie aus Cairanne, die bereits seit über hundert Jahren das Gut bewirtschaftet. Bereits zum wiederholten Mal treffen wir damit auf der Dienstreise eine Frau, die mit klarem Blick und viel Liebe die Geschicke einer Domaine lenken. Und wie Marianne Fues (Domaine Coste Chaude), Camille Wallut (Domain Saint Amant), aber auch Sylvia Teste, deren Domaine wir zwar nicht besucht haben, aber mit der wir uns ausführlich bei einem Abendessen austauschen konnten, macht sie dies mit Überzeugung und Erfolg.

Im geschützten Innenhof des Weinguts verkosten wir die Weine aus den Appellationen Côtes du Rhône, Cairanne und Rasteau. Dabei zeigt sich ihre besondere Zuneigung und ihr Talent für den Mourvèdre, der unabhängig vom Prozentanteil in den eingängigen roten Cuvée der Domaine de la Gayere oft die entscheidenden Akzente setzt. In der Namensgebung der Weine spiegeln sich einige Besonderheiten der Domaine wider. So treffen wir auf die einfachen Steinhäuser in den Feldern, in denen früher die Menschen und Tiere übernachteten, wenn die Arbeit noch einen weiteren Tag erforderte – „Les cabanons de mon pére“ – oder die erst vor wenigen Jahren entdeckten Überreste eines römischen Landhauses – „Villa Romana“. Der Säulenstumpf, der beim Roden alter Rebstöcke gefunden wurde, ist übrigens im Hof der Domaine zu begutachten.

Unser Gang durch die Reben fällt dieses Mal kürzer aus, denn der Mistral bläst uns ordentlich um die Ohren. Mitten im Satz bricht Christèle Plantevin immer wieder ab, springt herüber zu einer Rebe, um eine Weinranke einzufangen und wieder am Draht zu fixieren. Gestern habe es Winde mit 100 Stundenkilometern gegeben, entschuldigt sie sich für ihre Unruhe. Ein letzter Blick zurück auf das Panaroma, das immerhin fünf Appellationen einschließt, und wir verabschieden uns quasi stürmisch.

Geigenunterricht in der Domaine de Cremone

Wer angesichts des Namens der Domain an Italien denkt, liegt nicht falsch. In Erinnerung an seine italienischen Vorfahren hat Patrice Barbieri die erst vor zwei Jahren übernommen Domaine „de Cremone“ getauft. Mit dem italienischen Cremona verbindet Barbieri aber auch die Stradivari als Bild für das Streben nach Qualität.

Dazu passt, dass die Domaine ausgezeichnete Weingärten im Rasteau ihr Eigen nennt. Wir haben das Vergnügen, diesen ganz besonderen Ort zu besuchen, an dem über sechzig Jahre alte Grenache-Reben stehen. Angesichts des Mistrals versteht man die Bedeutung Clos noch einmal ganz konkret, die Zypressen, die den Weingarten umstehen, bremsen den starken Wind deutlich ab, die Äste der Pfirsiche und Mispeln, die dort vereinzelt stehen, bleiben fast still.

Patrice Barbieri schaut auf das Detail in seinem neuen Keller. Der Drang nach bester Ausrüstung wird von dem Willen begleitet, sich mit dem neuen Weingut schnell einen guten Namen zu machen. Doch auch ein spielerisches Element ist dem Mann nicht abzusprechen, bekommen wir hier doch zum ersten Mal die Gelegenheit, einen Weißwein mit einem Anteil Ugni Blanc zu verkosten. Wir sind gespannt, wie Patrice seine 20 Hektar, bei denen es sicherlich nicht bleiben wird, noch entwickeln wird und ob er tatsächlich irgendwann die ersten Geigen spielt.

2 Kommentare

  1. Hallo Weinlakai,
    Bravo, Gut gemacht
    Ich bin auch in Sachen Wein in der Vaucluse unterwegs und habe kürzlich in Vaison La Romaine in einem Weinladen den 2013 Rasteau Rouge der Domaine de Cremone verkostet und fand ihn „outstanding“, der Weiße hat mir auch gefallen. War dann eine Stunde später bei Thomas Barbieri (Sohn), Habe unter anderem auch erfahren, daß das Weingut bald an einen Weinhändler in Kaarst , Domaine Gerard, liefert??

    Schade, daß der Plan de Dieu nicht von Ihnen gewürdigt wurde, habe unter anderem einen 2012 Plan de Dieu der Domaine Rose-Dieu verköstigt, der wunderbar war.

    Alles Gute und viel Erfolg

    Klaus Berg

  2. @ Klaus Berg

    Keine Sorge, wir haben jede Menge Plan de Dieu verkostet. In der Tat sehr viele gute Weine in dieser Appellation. Auf die Shortlist hat es zwar keiner geschafft, aber die Qualitätsunterschiede waren ja insgesamt nicht sonderlich riesig.

    Cheers
    Der Weinlakai

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