Weinfehler: Von echten Stinkern und falschen Fehlern

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Der Begriff Weinfehler ist sehr endgültig und lässt keinerlei Spielraum für Interpretationen oder subjektive Nuancen. Da Fehler immer mit etwas Negativem assoziiert werden, müsste man nach dieser Logik einen Wein ohne Fehler immer vorziehen. Eigentlich. Die allgemein akzeptierte Wahrheit ist jedoch, dass gewisse Weinfehler die Identität bestimmter Weine geradezu prägen! Sie werden von ihnen erwartet und man wäre enttäuscht, wären sie nicht vorhanden.

Weinfehler

Was will der Mann, höre ich Sie fragen. Ja, natürlich spreche ich nicht von Kork. Ein mit TCA (2,4,6-Trichloranisol) infizierter Korken kann das Schicksal eines Weines bereits nach der Abfüllung in die Flasche bestimmen: im Moment des ersten Kontakts dieses Naturverschlusses mit dem Inhalt. Man weiß aber auch mittlerweile, dass TCA nicht nur durch den Korken in die Flasche gebracht werden kann, sondern auch über das Holz von Fässern, Paletten oder Kartons, die im Weinkeller benutzt werden. Besonders ärgerlich ist

es daher, wenn man einen Jahrzehnte aufbewahrten Altwein öffnet und feststellt, dass dieser im Grunde von Beginn an kontaminiert gewesen sein muss. Mehr noch: Häufig ist nicht nur eine einzige Flasche betroffen, sondern oft auch eine ganze Kiste, da Korken in der Regel in einem großen Karton, in einer Kunststofftüte liegend, angeliefert werden. Ein

Korken reicht aus, um die übrigen Korken in der Verpackung «anzustecken». Kork, auch in den dezentesten Spuren, ruiniert den gesamten Flascheninhalt. Es gibt zwar allerlei Hausmittelchen, etwa Frischhaltefolie in den Wein geben, die vermeintlich den Eindruck von Kork abmildern oder gar verschwinden lassen, aber letztendlich bleibt das alles vergebens. In Wahrheit helfen keine noch so ausgeklügelten Mittelchen.

Korken
Auch in Spuren: Kork ist immer ein Weinfehler

Doch um auf meine Einleitung zurückzukommen: Ein weiterer fest definierter Weinfehler ist Oxidation. Man kennt dieses Aroma von vielen Sherrys oder Madeira-Weinen, die ganz absichtlich teiloxidiert werden. Aber auch so mancher Altwein hat bereits leichte Oxidationsnoten an der Nase und eine bräunliche Farbgebung, die ebenfalls durch den Angriff von Sauerstoff entsteht.

Lässt sich aber in einem solchen Fall wirklich von einem Fehler sprechen? Ich glaube nein. Weintrinker, die bereits Erfahrungen mit älteren Weinen sammeln konnten, werden in der Regel ein gewisses Maß an «Oxidations-Toleranz» besitzen. Das Fehlen einer Oxidationsnote bei einem Rotwein, etwa einem Bordeaux Grand Cru Classé mit einem Alter von 40+ Jahren, überrascht eher, als dass es erfreuen würde.

Meine persönliche Toleranz gegenüber Oxidation ist sehr begrenzt. Daher würde ich mich auch nie als ausgesprochenen Altwein-Fan bezeichnen. Denn in diesem Metier hat man es einfach sehr häufig mit diesen Sherry-Tönen zu tun. Selbstverständlich gibt es auch Weine gehobenen Alters, die keinerlei Oxidationsnoten aufweisen. Diese sind nicht nur rar, sondern kommen auch meist sowohl aus außerordentlichen Jahrgängen als auch von Weingütern mit Weltklasseniveau.

Dann wäre da noch die flüchtige Säure oder auch VA (volatile acidity). Hierbei wird im Wein der Alkohol durch ein Bakterium in Essigsäure umgewandelt, ein Prozess, der meist durch nicht hundertprozentige Hygiene in der Weinherstellung verursacht wird. Wenn dieser leicht an Nagellackentferner erinnernde Ton in dezentem Maße in Weinen vorhanden ist, empfinde ich ihn als durchaus tolerierbar. Bei einem Wein wie dem roten Château Musar (vgl. meinen Bericht im WeinWisser 04/2013) gehört dieses Aroma sogar dazu.

Ähnliches gilt für Brett, eine Hefe, die sich mit vollem Namen Brettanomyces schimpft. Sie sorgt für den sensorischen Eindruck, der am ehesten an den Geruch eines Pferdestalls erinnert. Wer gerne Weine aus Châteauneuf-du-Pape trinkt, wird diesen «Fehler» sicher kennen und mit Sicherheit nicht als störend wahrnehmen. Insbesondere Weinen von Château Beaucastel haftet der Ruf an, über einen besonders auffälligen Eindruck von «Brett» zu verfügen.

Nicht zuletzt wird auch ein Petrolton im Wein als Fehler gewertet. Wer gerne Riesling trinkt und vor allem auch Erfahrung mit gereiftem Riesling gemacht hat, erinnert sich bestimmt an diesen stark an Petroleum bzw. Kerosin erinnernden Geruch. Dieser «Fehler» gehört unbedingt zur Stilisitik dazu. Ich persönlich mag diese Petrolnote unwahrscheinlich gerne und suche sie geradezu in einem Riesling. Es sollte hiermit deutlich werden, dass nicht alle Weinfehler auch als Fehler zu verstehen sind. Sie definieren manchmal sogar den typischen Charakter eines Weines.

Brettanomyces unterm Mikroskop
Brettanomyces unterm Mikroskop

Gängige Weinphänomene

Kork (auch TCA): Dieses an nasse Pappe erinnernde Aroma entsteht durch den chlorhaltigen aromatischen Kohlenwasserstoff 2,4,6-Trichloranisol (TCA). Er wird hauptsächlich durch den Korkverschluss an den Wein weitergegeben. TCA ist selbst in geringen Mengen ein sehr störender Faktor, der den Weingenuss unmöglich macht. Die hauptsächlichen Bestandteile von TCA sind Phenole und Chlor. Da diese Stoffe in manchen Sterilisationsmitteln und Holzschutzmitteln enthalten sind, wird mittlerweile

vermutet, dass die Entstehung von TCA durch diese begünstigt wird. Daher wird in den meisten Weingütern mittlerweile nur noch mit Peroxyessigsäure und Ozon desinfiziert. Tipp: Wein mit Kork kann durchaus als Kochwein verwendet werden. TCA verdampft während des Kochprozesses.

Oxidation: Durch zu starken Sauerstoffkontakt werden die natürlichen Antioxidantien im Wein zerstört und der Sauerstoff löst die Fruchtkomponenten im Wein auf. Diesen Sherry bzw. Madeira-Ton findet man hauptsächlich bei älteren Weinen. Die Oxidation hat auch Einfluss auf die Farbe: Weißweine werden bräunlich strohfarben, Roséweine erhalten einen Orangeton und Rotweine werden blasser und leicht bräunlich.

Reduktive Töne: Das Gegenteil von Oxidation: Insbesondere durch Schraubverschlüsse und andere Verschlüsse, die den Wein in der Flasche sehr stark abdichten, gelangt zu wenig Sauerstoff an den Wein – Schwefeldioxid wird zu Schwefelwasserstoff reduziert. Dadurch kann der Geruch von faulen Eiern entstehen (siehe auch Schwefelton), doch in geringen Mengen wirkt der Wein nur verschlossen, unattraktiv und teilweise metallisch. Diese Schwächen lassen sich allerdings abwenden: Durch Zugabe von Kupfersulfat werden die Sulfidionen abgeschieden und der Wein wirkt frischer und attraktiver. Tipp: In der heimischen Anwendung erreicht man das gleiche Ziel durch Zugabe einer Kupfermünze in das Weinglas.

Flüchtige Säure (auch VA): Erkennbar durch den Geruch nach Nagellackentferner. Flüchtige Säure entsteht in der Regel durch unkontrollierte Bakterienvermehrung, zu wenig freies Schwefeldioxid und zu viel gelösten Sauerstoff. Die Bakterien wandeln den Alkohol

in Essigsäure um, diese reagiert weiter mit Alkohol und es entsteht letztlich Essigsäureethylester – alles Resultat eines zu nachlässigen Weinherstellungsprozesses.

Für manche Weine charakteristisch, aber in zu hoher Dosis ist es ein klarer Weinfehler.

Brett (Brettanomyces): Die Negativform von Brett ist durch zu starken Geruch nach Pferdestall und Pflaster erkennbar. Verursacht durch Brettanomyces-Hefen, die auch für positive Aroma-Eigenschaften im Wein zuständig sind, etwa für Nelken- und Raucharoma. Brettanomyces-Hefe lässt sich durch Schwefeldioxid in ihrer Konzentration regulieren.

Geranienton: Ebenfalls ein durch Bakterienbelastung verursachter Weinfehler, der sich durch starken Geruch nach Geranien äußert. Er kommt nur bei Weinen mit Restsüße vor, denen Sorbinsäure zugesetzt wird, um eine zweite Fermentierung zu vermeiden.

Der Geranienton entsteht durch das Zusammentreffen eines bestimmten Milchsäurebakteriums mit Sorbinsäure. Durch den Verzicht auf Sorbinsäure kann dieser Fehler vermieden werden.

Petrolton: Dieser an Petroleum und Kerosin erinnernde Ton kommt häufig

bei (gealtertem) Riesling vor und seine (sehr in die Länge gezogene) chemische Bezeichnung wird mit TDN abgekürzt. In allen Trauben sind die Naturfarbstoffe Beta-Carotin (gelb bis orange) und Lutein (grün) enthalten. Bei Riesling ist der Anteil von Beta-Carotin besonders hoch. Diese Tatsache wird für das häufige Vorkommen von TDN verantwortlich gemacht.

Schwefelton: Sulfit kommt von Natur aus im Wein vor, wird aber in geringen Mengen auch zugegeben, um den Wein haltbarer zu machen. Bei einer zu hohen Dosis riecht der Wein nach angebranntem Streichholz. Trifft diese «Überdosis» dann noch auf einen zu geringen Stickstoffgehalt, entsteht Schwefelwasserstoff und der Wein riecht nach faulen Eiern. Riesling, Syrah und Chardonnay sind aufgrund ihres geringen Stickstoffgehalts die gefährdetsten Rebsorten.

3 Kommentare

  1. Hi Tobias, wir kennen uns nicht persönlich , aber über Regina & Bernd ist halt einiges herangekommen . Der Artikel passt gerade zu meiner Auflösung des eigenen Weinkellers. Katte noch nie von „Brett“ ( ausser Pit) gehört , + kann somit gut argumentieren wenn die Beaucasteltropfen ( wegen Fehlern) zurückgenommen werden sollen . Hät ich sonst wahrscheinlich auch gemacht .

    Grüsse Hajo B.

  2. Diesen Beitrag finde ich sehr gut und aufschlussreich. Selbst für Kenner der Materie, ist dies eine kurze und gute Zusammenfassung, die man auch mal an Laien weiter geben kann.

  3. Ich hoffe, dass mein Beitrag jetzt veröffentlicht wird. Am 17.11. sendete die Teleakademie einen Beitrag zum gleichen Thema „Fehlaromen beim Wein“.

    Dieser Beitrag ging wesentlich genauer auf die Problematik der Entstehung dieser Fehlaromen ein, zum Beispiel wie und wo der Hefepilz „Brett“ im Holz des Weinfasses entsteht d.h. bevorzugt bei bei Weinen, die im Barrique ausgebaut wird.

    Hier ist der link zur Sendung.

    http://www.tele-akademie.de/begleit/video_ta131117.php

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