Weißwein aus Südtirol: ein Stoan im Brett!

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2011 Tramin „Stoan“ (Weißwein, Italien)

Die heutige Empfehlung stellt ein gewisses Wagnis dar: Ein Weißwein mit einem Preis von über 10,- EUR dürfte einige Leser erschrecken. Bei einem Rotwein wäre das sicherlich nur begrenzt der Fall und so möchte ich heute eine Lanze für gute und wirklich hochwertige Weißweine brechen. Noch dazu ist der südtiroler „Stoan“ bei dem genannten Händler für den Preis „ab Hof“ zu bekommen – anderswo zahlt man fast 20,- EUR für den Wein. Der „Stoan“ ist ein Verschnitt aus mehreren Rebsorten und dieses Cuvée hat es im wahrsten Sinne des Wortes in sich. Chardonnay, Weißburgunder, Sauvignon Blanc und Gewürztraminer kommen hier zum Einsatz. Auf den ersten Blick eine wilde Mischung, denn insbesondere Chardonnay und Sauvgnon Blanc sind „completely different animals“. Aber genau diese außergewöhnliche Komposition macht den „Stoan“ zu einem faszinierenden und ganz eigenständigen Wein. Und besonders Leser, die einen säurearmen Wein bevorzugen, kommen hier voll auf ihre Kosten.

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Ein trockener Riesling weist in der Regel einen Gesamtsäuregehalt von ca. 8 g pro Liter aus und der dadurch zustande kommende, frische Charakter macht einen Riesling erst zu einem Riesling. Allerdings tun sich manche Weintrinker mit einem hohen Säuregehalt schwer und einige vertragen ihn auch schlichtweg nicht (Stichwort: Sodbrennen). So ist der heutige Wein mit einem Gesamtsäuregehalt von etwas über 5 g pro Liter auf deutlich niedrigerem Niveau unterwegs und bewegt sich eher in den Sphären eines Rotweines.

Aber natürlich empfehle ich hier keine Weine, die exklusiv für Menschen mit Pyrosis gedacht sind. Der „Stoan“ ist unabhängig von irgendwelchen technischen Daten ein ganz besonderer Wein: Hocharomatisch mit sehr speziellem Fruchtprofil und einem fetten Körper, der auch intensiverem Essen ohne Probleme standhalten kann.

Die 1898 gegündete Cantina Tramin ist eine Kellereigenossenschaften in Südtirol und hat ihren Sitz in Tramin. Aber Moment: Genossenschaft? Bisher kannte ich Kellereigenossenschaften nur als Erkennungszeichen für Weine, die ich möglichst meiden sollte. Häufig hat man es hier mit sehr landwirtschaftlich geprägten Zusammenschlüssen zu tun, bei denen hunderte Weinbauern ihre Trauben zusammenwerfen, ohne der Qualität und dem anschließenden Winemaking große Beachtung zu schenken.

Aber ganz offensichtlich geht es auch anders: Eigentümer der Cantina Tramin sind 290 Weinbauern, die im Kleinraum Tramin, Auer, Neumarkt und Montan auf einer Gesamtfläche von etwa 245 Hektar ihren Grund bearbeiten. Die Qualität wird im Weinberg sehr hoch gehalten, die Erträge sind gering und der Vinifizierung wird hächste Beachtung geschenkt.

In der Wiege des Gewürztraminers entstehen dank des submediterranen Klimas und der starken Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht, sehr aromatische Weine, die nicht selten mit Holz in Kontakt kommen. Allerdings immer in sehr vorsichtigem Maße, um den fruchtigen Charakter der Weine nicht zu überdecken.

So auch der „Stoan“. Die auf 400 bis 550 m Höhe gewachsenen Trauben vergären bei kontrollierter Temperatur (18-20°C) im großen Holzfass. Und auch der Ausbau und die Hefelagerung erfolgen mit moderatem Holzkontakt.

Für Chardonnay und Weißburgunder ist dies nicht weiter ungewöhnlich. Exotischer mutet eher an, dass der Wein noch mit Sauvignon Blanc und einem kleinen Teil Gewürztraminer verschnitten wurde. Insbesondere erstere Rebsorte ist eher durch seine knackige Säure und Stachelbeer-Aromatik beliebt. Diese Charakteristik passt auf den ersten Blick nicht unbedingt zu den etwas „fetteren“ Sorten Chardonnay und Weißburgunder – vor allem wenn Holz mit im Spiel ist.

Doch genau dieses Komposition schafft bei heutiger Empfehlung einen besonderen Reiz. Die Schwere und Cremigkeit des Chardonnays werden durch den Sauvignon Blanc wunderbar gekontert, ohne ein Ungleichgewicht zu erzeugen. Gemeinsam mit dem Gewürztraminer erhält der Wein eine sehr schöne und komplexe Frucht, die wunderbar zu dem kräftigen Gesamtauftritt des Weines passt.

Für Kenner ist das sicher nicht überraschend, denn das DOC Südtirol („Alto Adige“) bringt seit geraumer Zeit sogar reine Sauvignon Blancs hervor, die im Holz ausgebaut wurden und eine hervorragende Stilistik aufweisen, wenn auch völlig anders als z.B. ein Sauvignon aus Neuseeland. Besucher der Weinlakai-Tasting-Tour erinnern sich vielleicht an genau diesen Vergleich.

Der Wein der Genossenschaft Tramin schafft es trotz 14% Alkoholgehalt nicht zu fett oder überladen zu wirken und jeder Schluck offenbart eine neue Nuance, so dass der Wein nicht nur nebenbei getrunken werden sollte. Er fordert Aufmerksamkeit ein, die man ihm gerne schenkt.

Der „Stoan“ ist sicher für alle Leser mehr als nur Trinkgenuss. Er ist einmal mehr Fortbildung in Sachen Wein-Stilistik und -Rebsorten. Und diese genießt man am besten im Kreise anderer Weinfreunde, denn der Austauch über solche vinophilen Erfahrungen macht immer noch am meisten Spaß.

2011 Tramin „Stoan“ (Weißwein, Italien)

Auge: Helles Gold.

Nase: Pfirsich, Birne, weiße Blumen und feine Gewürznoten.

Gaumen: Tiefe Fruchtaromen, leicht holzbetonter Schmelz und eine unaufdringliche Säure im langen Abgang.

Sonstiges: Besteht aus 60% Chardonnay, 25% Sauvignon Blanc, 10% Weißburgunder  und 5% Gewürztraminer. 7 – 10 Jahre zu lagern. Bei 10 – 14 Grad Celsius zu trinken.

Meine Einkaufsempfehlung:

Boller Weine

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Stand: 28.08.2012

Weder der Weinlakai noch der WeinWisser sind im Handel tätig noch erhalten Sie für Kaufempehlungen irgendwelche Vorteile.

10 Kommentare

  1. Ich verstehe nicht ganz, wieso ein Preis > 10 € bei einem Weisswein die Leser abschrecken soll, bei Rotweinen aber nicht.
    Das ist ja wohl alles eine Frage der persönlichen Vorlieben und hohe Qualität kostet bei Weissweinen genau so viel wie bei den Roten. Coche Dury kostet auf dem Markt ja auch so viel wie Lafite, Margaux oder Petrus.

  2. @ Gobenn71
    Völlig richtig, aber meine Aussage beruht auf Erfahrungswerten von Weinlakai-Empfehlungen aus den letzten Jahren. Die überwiegende Mehrzahl meiner Leser präferiert Rotwein. D.h. es besteht bei vielen eine gewisse Zurückhaltung in Bezug auf Weißwein. Probierkäufe sind bei Preisen unter 10,- EUR dann wahrscheinlicher. Aber natürlich ist das aus meiner Sicht ein klares Fehlverhalten 😉

    Cheers
    Der Weinlakai

  3. @ Alle
    Mir wurde nun von einem Leser zugetragen, dass Scholzen/Weinpalais den „Stoan“ gar nicht vorrätig hat und auch keinen konkreten Liefertermin nennen kann. Wer den Wein also sicher und auch möglichst schnell haben möchte, sollte besser bei Boller bestellen.

    Cheers
    Der Weinlakai

  4. Habe bei Scholzen schon ein paar mal bestellt, da sie eigentlich immer unschlagbare Preise haben. Dann war es aber fast immer der Fall, dass sie einiges nicht lieferbar hatten und das dann am Ende auch nie mehr gekommen ist.

  5. Ich bin nächste Woche vor Ort in Tramin.
    Dann werde ich ihn einmal verkosten^^

    Ich hatte letzes Jahr einige Flaschen mitgenommen, verschiedene Sachen, die waren sehr gut, den Stoan hatte ich verpasst.

    Schöner Gruß

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