Trockene Aussichten – Wassermangel im Weinbau

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Rindenmulch als Wasserpreservator

Chile

Unendliche Weiten mit atemberaubenden Landschaften und einer wunderschönen Pazifikküste. Dies alles meist lichtdurchflutet, da in dem Land 300 Tage im Jahr die Sonne scheint. So wundert es kaum, dass Chile nicht nur ein beliebtes Reiseziel ist, sondern von hier auch exzellente Weine stammen; insbesondere, da die chilenischen Weingebiete von einem Wechsel zwischen nicht zu heißen Tagestemperaturen und kühlen, durch den Pazifik beeinflussten Nächten profitieren. Doch fordert so viel Sonnenverwöhntheit ihren Tribut: Es regnet viel zu wenig, um einen natürlichen Weinbau zu ermöglichen, jedenfalls zu wenig in der richtigen Zeit. Im populären Weinanbaugebiet Colchagua Valley im westlichen Zentralchile regnet es z. B. mit 595 Millimeter pro Quadratmeter auf den ersten Blick gar nicht so wenig (Deutschland: 830 mm/qm), doch fällt dieser Niederschlag fast ausschließlich im Winter. Also genau dann, wenn Pflanzen davon nur relativ wenig haben. Deshalb ist Chiles Weinbau, wie in vielen anderen Weingebieten der Erde, sehr stark von künstlicher Bewässerung abhängig. So spielt Wasser in Chiles Weinbau sowohl eine große ökonomische als auch ökologische Rolle.Bergpanorama

Nun kann man sich natürlich die Frage stellen, warum man in solch trockenen Gegenden der Welt überhaupt Wein anbaut? Ich denke, die Antwort ist einfach: Wasser ist nur ein Teil der Gesamtbetrachtung. Und da alle anderen für den Weinbau relevanten Aspekte in Chile nahezu perfekt sind, ist auch ein hoher Zusatzaufwand, wie die künstliche Bewässerung, billigend in Kauf zu nehmen. Die Resultate dieses Aufwandes unterstreichen die erfolgreiche Umsetzung des Vorhabens: Abgesehen von der Supermarkt- Massenware befindet sich die Qualität chilenischer Rot- und Weißweine auf einem hervorragenden Niveau. Ein Weingut, das diese Tatsache glanzvoll unterstreicht, ist das Weingut Montes rund um Senior-Chef Aurelio Montes. Das Unternehmen mit dem Engel als Markenzeichen ist bereits seit 1987 in Chile aktiv und produziert mittlerweile ein üppiges Sortiment von Weinen verschiedenster Preislagen. Die Premium-Linie Montes Alpha (siehe auch Wein-Wisser 12/2012) verhalf dem Weingut schließlich zur weltweiten Wertschätzung in vinophilen Kreisen. Montes investiert mittlerweile viel Zeit und Geld in Versuche, die sich mit der Frage beschäftigen, wie sich ein hohes Qualitätsniveau des Traubenmaterials mit einem minimalen Bedarf an Wasser vereinbaren lässt. Aus diesem Grund stellte das Weingut eine Mitarbeiterin ein, die sich ausschließlich diesem Thema widmet. Das ganze Jahr über verbringt sie ihre Zeit abwechselnd im Weinberg und im Labor – immer das Ziel vor Augen, mit ausschließlich naturnahen Maßnahmen den Weinanbau nachhaltiger zu gestalten. Das Einsparen von Wasser spielt hierbei eine tragende Rolle.

Montes-Eigentümer Aurelio Montes
Montes-Eigentümer Aurelio Montes

Dass Montes im Vergleich zu anderen Weingütern selbst im Jahr 2013 immer noch eine Vorreiterrolle spielt, mag zunächst verwundern. Es liegt sicher auch daran, dass sich nicht jedes Weingut solche Anstrengungen leisten kann. Denn nicht nur sind die angewandten Verfahren mit personellem Aufwand und Investitionen in Material verbunden, sondern zeitigen kleinere Produktionsmengen und damit Verkaufserlöse. Ein geringerer Wasserbedarf im Weinberg bedeutet ja zwangsläufig, dass die Trauben kleiner sind und weniger Wein produzieren. Und völlig von der geringeren Produktionsmenge abgesehen, können die Versuchsflächen nur zu geringen Teilen für die Produktion verkäuflicher Weine verwendet werden, denn nicht jede Versuchsreihe führt zu zufriedenstellenden Ergebnissen. Und dadurch stellt – rein ökonomisch – ein großer Teil dieser Fläche teures Brachland dar. So sind die Versuche von Montes echte Pionierarbeit in Chile, von deren Ergebnissen in Zukunft viele Winzer profitieren werden. Im Folgenden eine Übersicht in Text und Bild zu den Methoden und Versuchen, die Montes bereits seit zwei Jahrgängen erfolgreich praktiziert:

Stand der Technik heute

So oder ähnlich gehen die meisten Betriebe in Bewässerungsgebieten derzeit mit dem Thema um:

• Der richtige Zeitpunkt: Durch das Messen der Bodenfeuchtigkeit und Kontrolle

der Blätter lässt sich der richtige Zeitpunkt der Bewässerung wählen. Es gibt demnach keine «Bewässerung nach der Uhr», die häufig zu einer unnötigen Bewässerung führt.

• Technik: Die sogenannte «drip irrigation» (Tröpfchenbewässerung) sorgt für eine sehr sparsame und punktgenaue Wasserversorgung der Pflanzen. Ein Schlauch jeweils mit feinen Löchern im Bereich des Rebstocks wird durch die Reihen des Weinbergs verlegt.

• Jedes Weingut verfügt über ein künstlich angelegtes Wasserreservoir, um Regenwasser in den Wintermonaten aufzufangen und hiermit die Pflanzen in den Folgemonaten zu versorgen.

Zusätzliche Maßnahmen:

Geringere Bewässerungsniveaus

Hierbei untersucht Montes das eigentlich Naheliegende: die Reduzierung der Bewässerungsmenge an sich. Da größere Pflanzen auch mehr Wasserbedarf haben, stand dieser Versuch in direktem Zusammenhang mit der Anzahl der Triebe einer Rebe: Bei mehr als 12 Trieben experimentierte man lediglich mit der normalen Bewässerung im Vergleich zur 50-prozentigen Wasserversorgung. Der Wasserbedarf solcher Reben war und ist zu groß, um gefahrlos auf ein noch niedrigeres Niveau zu gehen. Doch dann wurde es interessant: Bei Reben mit nur vier Trieben konnte man auch Testreihen mit nur 25 Prozent Bewässerung testen und schließlich auch ganz auf die Bewässerung verzichten («zero irrigation»). Diese Reben bringen natürlich nur noch einen geringen Ertrag, doch die Weinqualität der mit nur 25 und null Prozent Bewässerung versorgten Pflanzen war mit Abstand am besten. Nicht nur hat sich dies in zahlreichen Blindverkostungen herausgestellt, auch die gemessenen phenolischen Verbindungen waren deutlich konzentrierter. Es gab also Weine, die eine sehr gute Struktur

aufwiesen und über ein hohes Maß an Fruchtaromen verfügten. Mit anderen Worten: Auch in diesen Extrembedingungen gilt das Weinbau-Prinzip vom «Überlebenskampf (der Rebe) als Qualitätsgarant». Die Rebstöcke konkurrieren um Wasser und Nährstoffe, müssen immer tiefer wurzeln und bilden weniger Früchte aus. Allerdings mit der Pointe, dass die wenigen Beeren von hervorragender Qualität sind. Gleichwohl stehen hier die Untersuchungen noch am Anfang. Es ist bisher noch unklar, ob dieser «Stress» den Reben nicht zu viele Energiereserven nimmt und sich dies negativ auf die Lebensdauer der Pflanzen auswirkt. Die Nachhaltigkeit dieser Vorgehensweise muss also über die Jahre noch geklärt werden.

50 Prozent bewässerte Reben
50 Prozent bewässerte Reben

 

«zero irrigation»
«zero irrigation»

 

 

David gegen Goliath: Keine Bewässerung links, 100 Prozent Bewässerung rechts
David gegen Goliath: Keine Bewässerung links, 100 Prozent Bewässerung rechts

Erhöhung der Wasserspeicherung im Boden

Pinien-Rindenmulch wird zur Reduzierung der Wasserverdunstung rings um die Rebstöcke auf den Boden aufgebracht. Dieser Versuch konnte bei Montes die Verdunstung des Wassers bereits um 19 Prozent reduzieren.

Rindenmulch als Wasserpreservator
Wassererhaltende Maßnahme: Rindenmulch
Blätterdach als "Sunblocker"
Blätterdach als „Sunblocker“

Optimale Höhe des Blätterdaches:

Bei diesem Vergleichstest pflanzte man Rebstöcke mit unterschiedlich stark gestutztem Laub (Gesamthöhen von 60, 80 und 110 cm). Denn je weniger Blätter an der Rebe hängen, desto geringer ist der Wasserbedarf. Allerdings zeigten die Versuche, dass bei einer Höhe von nur 60 cm die Qualität der Trauben stark abnimmt. Wahrscheinlich kann aufgrund der geringen Blätteranzahl keine optimale Versorgung gewährleistet werden. Erst ab einer Höhe von 80 cm schienen die Pflanzen richtig zu «funktionieren». Und das nicht besser oder schlechter als die 110 cm hohen oder noch höheren Vergleichsobjekte. Der große Vorteil: Im Vergleich zu den 30 cm höheren Rebstöcken kamen die 80 cm hohen Exemplare mit 10 Prozent weniger Wasser aus.

Auch diese Methode muss über die kommenden Jahre beobachtet werden, da die Reduzierung der Blätter ebenfalls (siehe oben) die Fähigkeit zur Speicherung von Energiereserven der Pflanze herabsetzen könnte.

Unterschiede in der «Erziehungsform» der Reben:

Bei diesen Versuchen verglich Montes zwei grundverschiedene

Erziehungsformen (also die Art, wie der Winzer das Wachstum durch die Führung der Pflanzen an Draht und Pfosten beeinflusst) – eine international sehr populäre Technik und eine sehr naturnahe Methode.

• VSP («Vertical Shoot Positioning»): Diese in Europa als «Vertikaldrahtrahmensystem» bekannte Methode richtet die Triebe mit Hilfe von Draht und Holzpflöcken senkrecht nach oben aus. Hierbei kann die Pflanze von der Sonneneinstrahlung am besten profitieren und sich dadurch optimal entwickeln. Unter chilenischen Verhältnissen sorgt diese exponierte Lage aber für einen vergleichsweise hohen Wasserbedarf, da die Sonne sehr gut Früchte und Boden erreicht – mit entsprechendem Verdunstungsdruck.

• «Open Canopy»: Da Wein eine Kletterpflanze ist, hilft man bei diesem Verfahren

der Rebe mittels «Rankhilfen», ein natürliches Blätterdach zu entwickeln. Die Trauben und der Boden bleiben sonnengeschützter und dadurch hat die Pflanze einen geringeren Wasserbedarf. Die Trauben reifen zwar später und sind kleiner, profitieren allerdings qualitativ auch von der längeren  «Hängezeit».

Test mit unterschiedlicher Laubmenge: 60 cm
Test mit unterschiedlicher Laubmenge: 60 cm
Test mit unterschiedlicher Laubmenge: 80 cm
Test mit unterschiedlicher Laubmenge: 80 cm
Test mit unterschiedlicher Laubmenge: 110 cm
Test mit unterschiedlicher Laubmenge: 110 cm

3 Kommentare

  1. Lieber Weinlakai,

    sehr schöner informatievr Artikel. Allerdings muss ich mich fragen ob ich in süddeutshcland überhaupt Überseeweie konsumieren muss!?

    Muss ich zum weiteren CO2 Ausstoß beitragen, indem ich Lebensmittel aus übersee kaufe. Das ist doch die Frage. Wir Menschen werden unsere Umwelt nicht retten können dessen bin ich mir bewusst. Doch lebensmittel die wie Krabben an der Nordsee gefangen werden und per LKW nach Marokko gekarrtwerden um dort zu menschenverachteten Gehältern gepuhlt werden, dass ist widerlich. Es muss jeder das mit seinem Gewissen kalr machen. Aber unser CO 2 Fussabdruck wird sicher kleiner wenn ich am besten regionale Produkte beschränke oder beim Wein zu beliben auf Europoa reduziere. Aus m.S. verpasst man da zum wohle der Umwelt, hoffe ich nicht allzuviel.

    LG ruben

  2. Hallo Ruben,

    grundsätzlich gebe ich Dir zu 100% Recht.

    Derartige geistiges gesprudel gehört hier aber nicht her.

    Sorry!

    VG

    Vinfredo

  3. Hallo Ruben,

    das ist aber eine sehr „romantische“ Perspektive von unserem Wirtschaftsleben…

    Nüchtern betrachtet ist der CO2 Ausstoß pro Flasche Wein in einem 2000er Container-Schiff aus Chile bestimmt „wettbewerbsfähig“ gegenüber einem LKW-Transport aus Spanien oder Italien.

    Vg Marc

    Wein-Port.de

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