Tag 3: Millionen, Paris, Biodynamik und ein Chirurg

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Heute schnuppern der Weinlakai und sein Adlatus Höhenluft

Am dritten Tag unserer Weinreise entlang der südlichen Rhône wollen wir hoch hinaus. Es geht in die Appellation Beaumes-de-Venise und damit auch ganz nahe an die Dentelles de Montmirail, jener dem Mont Ventoux vorgelagerten Hügelkette. Ebenfalls nah kommen wir damit einem ganz großen Namen in der Weinlandschaft, aber auch einer trés etablierten Neuen von gestern und einem biodynamisch Neuen von heute.

Eines sei vorweg geschickt: Um unsere Empfehlung von sechs Weinen zum Ende der Dienstreise nicht noch schwieriger zu gestalten als sie sich nach den ersten zehn Domaine-Besuchen eh schon darstellt, verzichten wir auf eine Besonderheit aus Beaumes-de-Venise, dem Muscat. Man mag dies zu Recht kritisieren – wir haben die Weine getrunken – aber unser Ziel vor Augen, lediglich eine Auswahl von sechs Weinen vorstellen zu wollen, kann diese Entscheidung rechtfertigen.

Alte Stärken wiederentdecken: Domaine de Coyeux
Also weiter in der Dienstreise, den wunderschönen Ort Beaumes-de-Venise liegen lassend, der D 90 folgend und dann steil hinauf zur Domaine de Coyeux. Dort erwartet uns Jean de Feraudy, der Bruder des Besitzers der Domaine und seine Assistentin zum Rundgang über das Weingut. Hugues de Feraudy hat die Domaine erst  vor zwei Jahren übernommen. Doch die getätigten Investitionen und die angestellten Planungen machen bereits heute deutlich, dass die Domaine de Coyeux den Weg zurück zu alter Größe sucht.

Rund 160.000 Flaschen produziert die Domaines pro Jahr, doch aktuell befindet sich das Weingut in einem massiven Übergangsprozess. Mit Unterstützung des sicherlich renommiertesten Önologen der Region, Xavier Vignon, den wir in zwei Tagen besuchen werden, unternehmen die Brüder de Feraudy seit 2013 eine genaue Bestandsaufnahme der einzelnen Parzellen, um die Stärken des Terroirs neu auszuloten. Darüber hinaus hat de Feraudy massiv in neue Kellertechnik investiert. Wir werden von dieser Domaine in den kommenden Jahren noch vermehrt hören.

„Ma Côte Rotie“ in der Domain Saint Amant
Den Luxus, auf die große Domaine de Coyeux „hinabzublicken“ kann sich Camille Wallut erlauben. Das Weingut der „Madame Viognier“, wie wir sie tauften, liegt nämlich noch einige Meter höher und die einzelnen Lagen gruppieren sich rund um den namensgebenden Berg Saint Amant. Hier lässt man sich einen Rundgang nicht entgehen und so laufen wir zu fünft, die beiden Hunde von Camille lassen es sich nicht nehmen, eine gute Stunde durch die duftenden Weinberge.

Dabei – ein Kuriosum der Appellation – geraten wir in eine Höhe, die nicht mehr Beaumes-de-Venise sein darf, sondern zu einem Côtes du Rhône wird …. obgleich wir keine nennenswerten geologischen, klimatischen oder auch botanischen Unterschiede ausmachen können. Camille, deren aus Paris stammende Familie hier seit 1992 die Weine macht, übrigens auch nicht. Was sie uns auf dem Spaziergang quer durch die Appellationen jedoch schon zu vermitteln versucht, ist ihre Begeisterung für den Viognier. Diese Fährte wird die Verkostung später aufnehmen und nicht vor den Roten halt machen.

Biodynamische Gelassenheit: Domaine de Fenouillet
Auf andere Höhen haben sich Patrick et Vincent Soard eingelassen von der Domaine de Fenouillet eingelassen. Patrick, der sich um den Keller kümmert, und Vincent, der in den Weinbergen das Sagen hat, haben bereits seit Jahren auf Biodynamik umgestellt und gehören damit zu den Exoten der Appellation.

Der Weg zu den Weingärten der Familie ist weit, staubig und holprig – anders ausgedrückt: ihr Lage ist einmalig. Von den obersten Rebgängen aus blicken wir hinüber zur Domaine Saint Amant, auf der anderen Seite stehen die steilen Hänge durch die der Mistral pfeift. Links und rechts des Weges duften Thymian und Lavendel, Rosmarin und Salbei. Vincent weist bescheiden, aber stolz auf die Wildpflanzen hin, die er gesetzt hat und die für ihn zu den Reben gehören. Aber eben nicht nur weil es der biologischen Vielfalt dient, sonder vor allem, weil sie den Reben gut tun.

Später treffen wir noch die Tochter Vincents, Camille, studierte Önologin, und erst vorgestern von einem längeren Praktikum aus Neuseeland heimgekehrt. Wir haben das Vergnügen,  eine kleine Auseinandersetzung zwischen Vater und Tochter, die den Betrieb übernehmen soll, über biodynamische Grundsätze mitzuerleben. Während die Tochter einfach verstehen will, warum die Biodynamik den Weinen gut tut, obgleich sie schmeckt, dass es so ist, reicht Vater Vincent die Gewissheit, dass es funktioniert einfach aus. Die Weine geben die Kostprobe auf’s Exempel – doch das ist schon eine Angelegenheit für unsere „Shortlist“.

Heimspiel: Domaines Clos des Saumanes
In unmittelbarer Nähe zu unserer Unterkunft liegt die Domaine Clos des Saumanes, wo wir uns für den Gang durch den Keller und die Verkostung in die chirurgisch geschulten Hände von Robert Janer begeben. Die Familie hat die Domaine im Jahr 2008 übernommen und setzt seitdem auf „biologischen“ Umgang mit Reben und Umwelt. Die offizielle Zertifizierung steht dieses Jahr an, aber was Robert Janer mehr bedeutet als das „AB“ auf dem Schild, ist die Ehrlichkeit, die er dadurch bei der Beurteilung seiner Weingärten gewonnen hat.

Doch gleich doppelt zählt die Domaine Clos des Saumanes zu den Neuen. 2012 wurde nämlich aus der Appellation Côtes du Rhône Villages eine neue Appellation ausgegründet, Gadagne, zu der nun auch Teile der Domaines von Janer zählen. Einerseits – uns erinnert die Debatte an die Gespräche in Visan – steht die neue Appellation für größere Eigenständigkeit, andererseits kennt keiner die neue Appellation und je mehr hinzukommen, desto geringer dürfte das Interesse ausfallen.

Den Weinen von Janer kann diese Debatte nichts anhaben. Im familiären Kreis mit Ehefrau, Tochter und Hund widmen wir uns den Côtes du Rhône, Côtes du Rhône Villages, Gadagne und den Vielles Vignes der Domaine und vergessen dabei glatt den unbarmherzig blasenden Mistral.

Vorauwahl
So viel sei verraten: Nach 3 Tagen und 10 Weingütern haben wir eine Vorauswahl von 14 Weinen getroffen. Die Zahl wird über die nächsten Tage noch weiter steigen. Dann aber wird konsequent auf 12 Finalisten reduziert und wiederum die 6 besten Flaschen schaffen es dann in unseren Karton.

 

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